München handelt gegen Energiearmut – Energiewende darf nicht zur sozialen Spaltung beitragen

Viele haben in den letzten Wochen Briefe von der Stadtwerken München erhalten. Die Preise für Strom und Gas steigen deutlich an. Darüber hat auch z.B. die Süddeutsche Zeitung berichtet. Wir als SPD/Volt-Fraktion haben gemeinsam mit dem Koalitionspartner auf meine Initiative hin gehandelt und einen Dringlichkeitsantrag eingereicht und konnten heute in digitaler Sitzung die Antwort des Sozialreferats vorberaten. Die Vorlage findet ihr hier im städtischen Rats-Informationssystem. In meinem Blogartikel informiere ich Euch über die Hintergründe.

Die Stadtwerke München sind Münchens kommunales Versorgungs – und Energieunternehmen, in städtischem Besitz und wichtigster Eckpfeile der kommunalen Daseinsvorsorge in München. Knapp drei Jahre blieben die Preise stabil, aber da beim Gas die Entwicklung im Welthandel sehr sprunghaft nach oben gegangen war (der Großhandelspreis von Erdgas nahm zwischen Januar und Oktober um rund 440 Prozent zu), müssen auch die SWM Preise erhöhen. Die Gaspreise betreffen viele Münchner*innen vor allem über die Heizkosten, sie sind aber auch aufgrund der Änderungen im Strommix inzwischen auch wieder relevanter für die Stromkosten. Eine Übersicht zum Strommix, auch zur Entwicklung der unterschiedlichen Energiequellen bei der Stromerzeugung findet sich hier. Aufgrund des richtigen Ausstiegs aus der Atomenergie sowie dem festgelegten Ende der Kohleverstromung, der nach Ansicht der neuen Bundesregierung noch früher von statten gehen soll, bleibt die Entwicklung der Gaspreise in den nächsten Jahren sozialpolitisch sehr relevant. Bereits jetzt werden die Münchner durch die Erhöhung der Preise sowohl für Strom als auch für Gas jeden Tag getroffen, egal ob Kaffee kochen, waschen oder an den bevorstehenden kalten Tagen die Heizung andrehen – alles wird teurer.

Für mich und unsere Fraktion ist klar, dass nicht die Renter*innen, Familien, Arbeitnehmer und ärmere Menschen diejenigen sein dürfen, die dabei die Zeche zahlen. Auch im vergangenen Bundestagswahlkampf gab es zurecht viele Versprechen zur Entwicklung der Energiepreise. Wir brauchen ein wirksames Vorgehen gegen Energiearmut. Das unbestritten richtige Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel, darf nicht dazu führen, dass die breite Mehrheit der Bevölkerung tiefer in die Tasche greifen soll. Nur über eine Änderung der Prduktionsbedingungen in den Unternehmen, über mehr Gerechtigkeit beim Energieverbrauch und nicht über eine Erhöhung der Preise für Grundbedarfe wie Strom und Heizung können wir einen gerechten sozial-ökologischen Wandel unserer Gesellschaft erreichen.

Während andere politische Mitbewerber jedoch, wie hier in der Abendzeitung nachzulesen, fordern, die Stadtwerke müssten einen Sozialtarif einführen, halten wir das für den falschen Weg. Die Frage nach Energiearmut, die Frage danach wer sich Heizung und Strom wie gut leisten kann, ist zuvorderst eine bundespolitische und dann eine sozialpolitische. Die Städte und Gemeinden müssen natürlich auch handeln und das ihrige erledigen. Aber die Weltmarktpreise und die Entwicklungen beim Strommix sind nicht etwas, dass zu noch mehr Ausdifferenzierung und noch mehr Komplexität in der sozialen Daseinsvorsorge führen soll. Wer hat was davon, wenn noch mehr Bürokratie geschaffen wird? Wer hat was davon, wenn in Zukunft bei der Stromrechnung Nachweise über die finanzielle Situation zur Einstufung in Tarife abgegeben werden sollen? Wer hat was davon, wenn die Heizkostenabrechnung über den Vermieter bei den Nebenkosten läuft und der dann weiß wie die finanzielle Situation beim Mieter ist?

Nein, in München gibt es einen Weg um gegen Energiearmut und zu hohe Preise für Strom und Gas zu kämpfen und den müssen wir noch besser machen und angesichts der jüngsten Preiserhöhungen stärken. Unsere Stadt muss Schutzmacht sein gegen Energiearmut, niemand muss hier frieren und niemand wird der Strom abgedreht. Wir geben die Garantie ab, dass es an städtischen Mitteln nicht scheitern wird.

Deswegen haben wir als SPD/Volt-Fraktion gefordert, dass es schnelle und unbürokratische Hilfe gibt. Die Stadt muss vermehrt Stromschulden übernehmen und die Energieberatung ausbauen. Die Mittel für Stromschuldenübernahme werden erhöht. Die Stadtverwaltung muss in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München die Hilfen gegen Stromsperrungen, beim Wechsel von Stromanbietern und die Energieberatung ausbauen. Auch Menschen mit geringem Einkommen oder einer geringen Rente, die nicht im Bezug von irgendwelchen sozialen Leistungen sind, wollen wir helfen. Es soll eine Stiftung gefunden werden, die die gestiegenen Heizkosten übernehmen soll. Mit der heute beratenen Vorlage nimmt die Stadtverwaltung unsere Vorschläge allesamt auf, nimmt mehr Geld zum Kampf gegen Energiearmut in die Hand und verbessert das schon in München etablierte Hilfesystem. Zudem führen wir einen Energiekostenzuschuss ein und handeln damit schnell und unbürokratisch: Alle Münchner*innen mit einem Einkommen bis zur Armutsgrenze können den Zuschuss in den SBH beantragen. Die Höhe des Zuschusses wird auf maximal 50 Euro für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte sowie auf maximal 100 Euro ab einem Drei-Personen-Haushalt begrenzt.

Letztlich liegt aber der Ball vor allem im Feld des Bundes. Energiepolitik darf nicht zu einer neuen sozialen Spaltung führen. Folgende konkrete Forderungen halte ich für richtig:

  1. Wir brauchen generell eine Senkung der Preise für Strom und Gas. Strom und Gas für die Heizung sind weiterhin Grundbedürfnisse aller Menschen. Die Preissteigerungen führen dazu, dass diejenigen von uns umso mehr getroffen werden, umso weniger Geld sie haben. Das ist nicht sozial gerecht und deswegen müssen die Grundbedürfnisse zu sehr geringen Preisen garantiert sind.
  2. Wir brauchen eine Neugestaltung des Bürgergelds, wie schon im Koalitionsvertrag angekündigt. Wir müssen Hartz IV tatsächlich abschaffen, für eine Sicherstellung des sozio-kulturellen Existenzminimums sorgen und eben auch die Erhöhung der Preise für Strom und Gas abbilden (sowohl bei den Kosten der Unterkunft als auch in der Regelleistung).
  3. Wir brauchen eine Abschaffung der EEG-Umlage, einen raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine höhere CO2-Bepreisung. Wir brauchen dringend eine Regierung, die sicherstellt, dass die Energiewende nicht zulasten der Rentner, Familien und Arbeitnehmer geht. Dafür setzt sich die SPD ein. Wir sind der Auffassung, die Energiewende muss über Steuern derjenigen getragen werden, die finanziell in hohem Maße von einer Ausbeutung von Mensch und Natur profitiert haben und das auch weiter tun.