Warum die Bettensteuer gerecht ist – und Söder ein Gesetz gegen München macht

Berlin, Dortmund, Frankfurt am Main, Freiburg, Leipzig… in allen diesen Städten gibt es eine Bettensteuer oder auch Übernachtungssteuer genannt, also eine Steuer auf den Beherbergungsbetrieb (Hotellerie, aber auch bis hin zu Campingplätzen), die meist pro Nacht und belegtes Bett anhand dem Preis, der dafür bezahlt wird, festgemacht wird. Es handelt sich um einen globalen Trend, mit dem Städte, ihre Kosten für den Tourismus und ihren Aufwand refinanzieren.

In früheren Zeiten war die Vorstellung weit verbreitet, dass Tourismus vor allem mit Erholungsreisen von der Stadt auf das Land verbunden sei, es ging in kleinere Ortschaften, Kurorte mit Heilbädern oder Thermalquellen, Orte zum Skifahren oder mit anderen Angeboten die Erholung für die armen geplagten Städter versprachen. Ich bezweifle, dass dabei diejenigen Städter, die besonders von den Schwierigkeiten des Stadtlebens betroffen waren, das Geld hatten, überhaupt dem Tourismus nachzugehen. Nicht umsonst spricht man von der kleinbürgerlichen Sommerfrische oder dem Bädertourismus – also ausdrücklich dem Aufsuchen des Landes zum Zweck der Erholung. Vielleicht war auch diese Vorstellung prägend, für die in Bayern bis heute laut landesrechtlichen Vorgaben für die Kommunen Steuern auf Tourismus zu erheben. Es gibt die Möglichkeit der Kurtaxe (nur für besonders ausgezeichnete Kurorte) oder die Möglichkeit der Fremdenverkehrsabgabe (für Orte, in denen das Ausmaß des Fremdenverkehrs das der Einwohner*innenzahl um das siebenfache übersteigt). Eine Bettensteuer, wie sie in den oben genannten Städten (bundesweit sind es inzwischen über 30) existiert und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich erst im letzten Jahr nochmal für rechtlich zulässig bestätigt wurde, ist in Bayern nicht erwähnt – und damit bisher auch nicht verboten.

Neue Abgaben oder Steuern sind in Bayern aber (auch verständlicherweise) durch die Aufsichtsbehörde, also die Regierung von Oberbayern, zu genehmigen. Es soll nicht jede Kommune einfach munter entsprechend der kommunalen Selbstverwaltung machen was sie will, sondern im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben handeln.

Politisch mindestens abenteuerlich ist allerdings das Vorgehen der bayerischen Staatsregierung, die schon bevor die Landeshauptstadt München auf Betreiben der SPD und gemeinsam mit den Grünen eine Bettensteuer einführen will, eben das Gesetz ändern will – um es zu verbieten.

Städtetourismus boomt – und der in München soll das auch weiterhin

München ist eine weltoffene Stadt und profitiert seit vielen Jahren davon, dass Tourist*innen in unsere Stadt kommen. Im Feld des Tourismus hat sich offenkundig etwas fundamental geändert. Der Trend geht weg von Sommerfrische und Badeurlaub in Kurorten und hin zu Städtereisen. Natürlich gibt es ersteres weiterhin, aber das Ausmaß an Städtetourismus hat unfassbar zu genommen. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten in München ist in den vergangenen Jahren stetig angewachsen. Nicht nur die Wiesn oder der FC Bayern, sondern auch die kulturellen Angebote der Stadt, Sportgroßereignisse oder die schöne Stadt und die spannende und auch durchaus wechselvolle Geschichte – es gibt mannigfaltige Gründe für eine Reise nach München. Nicht zuletzt gibt es auch Geschäftsreisen, Messen und andere wirtschaftliche Gründe für Übernachtungen in München.

Im Jahr 2022 gab es ein Allzeithoch an inländischen Gästen. Sicherlich war das auch von verändertem Reiseverhalten und den Auswirkungen der Pandemie beeinflusst. Man muss gar nicht in Städte wie Barcelona oder Paris heranziehen, um zu verdeutlichen, dass eine wachsende Tendenz zu Städtereisen auf jeden Fall vorhanden ist. Also ist es eine veraltete Vorstellung, die hinter der Regelung in der bayerischen Gesetzgebung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) steht. Städte müssen sich der Frage stellen, wie sehr sie Tourismus wollen und wo auch Grenzen dessen sind. In Barcelona gibt es eine in der Bevölkerung weit verbreitete Abwehrhaltung gegenüber dem Tourismus, während andere (und darunter vor allem diverse globale Ketten, die dann in Barcelona keine Steuern bezahlen) davon profitieren.

Wir stehen dafür, dass unsere Stadt in den Tourismus investiert und diesen fördert. Es gibt eine Initiative Restart Tourismus nach Corona, man gibt viel Geld für attraktive Großveranstaltungen (European Championships, NFL Spiel, Fußball-EM) aus, fördert kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen und zahlt auch gemeinsam mit Tourismusverbänden in Fördertöpfe für den Tourismus ein. Gleichzeitig ist die Vorstellung richtig, dass die diejenigen, die in München ansonsten eben keine anderen Steuern zahlen, wenn sie hier übernachten auch ihren Beitrag für die Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der vorhandenen Annehmlichkeiten und Strukturen bezahlen. Das würde auch die Akzeptanz von Tourismus generell stärken.

Wir haben in München Diskussionen, ob es noch mehr gesichtslose Hotels braucht. Diese werden auch zu Recht geführt. Es entstehen heutzutage eher weniger neue kleine Pensionen oder familien- oder inhabergeführte Hotels, sondern gerade die großen Ketten haben in den vergangenen Jahren unfassbaren Reibach gemacht. Wir müssen auch die negativen Auswirkungen der Globalisierung zur Kenntnis nehmen und sehen, dass die Gewinne immer weniger dort verbleiben, wo sie für die Aufrechterhaltung und den Ausbau der vorhandenen Strukturen eingesetzt werden. Dem muss eine starke Stadt sich stellen. Nicht, in dem sie gegen Tourismus wäre und sich abschotten oder Mauern baut. Sondern in dem sie mit Hilfe von Steuern auf Tourismus Wachstum gestaltet und für soziale Ausgewogenheit in der Entwicklung sorgt.

Was wir konkret wollen und was das bringt

Mit der Einführung einer Bettensteuer würden Gesamtkosten von ca. 2 Mio Euro einhergehen für den Verwaltungsaufwand. Man rechnet dafür mit Einnahmen von 60 – 80 Mio Euro, manche schätzen noch deutlich mehr. Finanziert werden würden diese Einnahmen durch eine fünfprozentige Steuer auf den Preis jeder einzelnen Beherbergung im Münchner Stadtgebiet. Steuerfrei sind dabei Zusatzleistungen wie Frühstück, Halbpension oder Wellnessangebote. Dabei sollen sowohl touristische als auch dienstliche Reisen betroffen sein, jedoch keine Übernachtungen für Kinder.

Diese Mehreinnahmen sind für unsere Stadt dringend notwendig. Aufgrund der Pandemie war es für Bund und Land notwendig in großem Umfang Schulden aufzunehmen. Den Kommunen ist das untersagt, sie sollen ihre Ausgaben für Verwaltung und konsumtive Mittel aus den Einnahmen refinanzieren und nur für Investitionen in sehr begrenztem Maß Schulden aufnehmen. Die Pandemie hatte jedoch auch für die Kommunen ein Mehr an Ausgaben bedeutet. Und die Herausforderungen zur Gestaltung der Münchner Zukunft sind riesig: Wohnungsbau, Schulbauprogramm, Kita-Ausbau, ÖPNV-Ausbau, Klimaschutz… das alles wird sehr viel Geld kosten. Die letzten Mehrbelastungen (Erhöhung Parkausweise, Steigerungen Eintrittspreise) haben eben die Münchner*innen selbst betroffen. Jetzt könnte man etwas tun, damit auch Touristen sich an den Einnahmen für die Stadt beteiligen. Denn: Auch wenn jemand aus München in eine andere Stadt fährt, muss er Übernachtungssteuern bezahlen. Warum also nicht Mehreinnahmen aus dem Tourismus für den Haushalt generieren, die dann gerne wieder der Förderung des Tourismus zugutekommen sollen?

Wie Söder gegen Münchner Interessen handelt

Direkt nach den Ankündigungen für den Grundsatzbeschluss haben Söder und Aiwanger gegen das Münchner Vorhaben gewettert. Inzwischen hat man einen Antrag zu einem völlig anderen Gesetzesvorhaben im so genannten Huckepackverfahren gestellt, der das Kommunalabgabengesetz (KAG) ändern soll. Und man ändert nicht das KAG für eine Gesamt-Revision. Man kommt nicht auf die Idee veraltete Regelungen zu überholen oder das Gesetz besser zu machen, weil es Streitfälle um Interpretationen oder anderes neu zu regeln geben würde. Sondern man ergänzt nur ein weiteres Verbot, nämlich die Erhebung von Bettensteuern.

Und das macht man, weil man das Recht der Münchner*innen, das zu tun, was bundesweit üblich ist, beschneidet in dem einen bayerischen Sonderweg erfindet – gegen eine breite Mehrheit des Bayerischen Städtetags. Man beschneidet die kommunale Selbstverwaltung, die grundgesetzlich gesichert ein sehr hohes Gut ist. Man ändert ein Gesetz, um München weh zu tun. Das ist zwar, weil natürlich das Land das Recht und die Pflicht hat, den Kommunen einen steuerlichen Rahmen anzubieten entsprechend des bekannten lateinischen rechtswissenschaftlichen Ausspruchs contra legem. Aber es ist ein lex contra monachium. Man aktualisiert nicht die Vorgaben zu Fremdenverkehrsbeitrag und Kurtaxe, man überlegt nicht mal, was es mit dem Tourismus von heute auf sich hat. Man macht keine eigentliche Gesetzesreform. Man spuckt nur schnell den doofen Münchnern, die halt keine CSU-Regierung haben wollen, in die Suppe. Ob das den häufig auch monetär gut begründeten Interessen der Tourismusindustrie und eventuellen Wahlkampfspenden (man google nur Mövenpicksteuer) zu verdanken ist oder nur dem erfolgreichen Lobbying der entsprechenden Verbände ist am Ende egal. Jede Münchnerin und jeder Münchner, der im anstehenden Sommer irgendwo übernachtet und dafür völlig legitimerweise eine örtliche Aufwandssteuer bezahlt, könnte darüber nachdenken, warum die eigene Stadt das nicht machen darf und damit er oder sie selbst am Ende draufzahlt.

Wir werden uns das nicht gefallen lassen. Wir werden alle rechtlich möglichen Register ziehen, um das Recht der Stadt und die kommunale Selbstverwaltung, gegen die bayerische Staatsregierung zu verteidigen. Wir wollen eine starke Stadt. Die auf aktuelle Trends reagiert, die weiterhin wächst, weltoffen und liberal ist und positiv zum Tourismus steht, aber diesen auch besteuern darf. Und deswegen wollen wir durchsetzen, dass es eine Bettensteuer in München geben kann.